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frei_raum Q21 exhibition space: "No Dancing Allowed"

Feature

frei_raum Q21 exhibition space: "No Dancing Allowed"

Q21 Backstage: Kurator Bogomir Doringer sprach mit Elisabeth Hajek über die Ausstellung "No Dancing Allowed", die noch bis 20. November 2022 bei freiem Eintritt im MuseumsQuartier zu sehen ist.

Im Zuge der Pandemie wurden das erste Mal in der jüngeren Geschichte die Bewegungsfreiheit sowie die Möglichkeiten für Zusammenkünfte eingeschränkt. Sich nicht frei bewegen zu dürfen, ist gleichbedeutend damit, Freiheit nicht ausdrücken zu können. Nachdem Regierungen weltweit strikte Regeln beschlossen und Tanzen als gefährlich eingestuft wurde, führte das kollektive Bedürfnis nach Tanz zu zahlreichen alternativen Aktionen: von Tanzevents auf Zoom- und Virtual-Reality-Plattformen bis hin zu „Unmute Us“-Protesten in den Niederlanden, die sich gegen die Schließung von Clubs und Festivals einsetzten, während Sport- und andere Veranstaltungen erlaubt waren. Die Ausstellung „No Dancing Allowed“ verdeutlicht, wie Tanz Gemeinschaften vereinen oder verändern kann und wie restriktive Gesetze zu kreativen Lösungen führen können, wenn Menschen Wege finden, sich zu bewegen, egal wie, gemeinsam oder allein.

Interview mit dem Kurator Bogomir Doringer zur Ausstellung „No Dancing Allowed“

Dein künstlerischer Forschungsschwerpunkt ist der Tanz, was bedeutet Tanz für Dich?

Ich verstehe Tanz als eine Form der Ausdrucks- und Bewegungsfreiheit. Im Laufe der Geschichte wurden bestimmte Tänze gefördert, während andere nicht erlaubt wurden. Das ist ein Ergebnis von Kultur und Politik, die bestimmte Bewegungen zulassen und andere nicht. Wir unterscheiden Körper entsprechend ihres gesellschaftlichen Status, ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts usw. Tanz ist für mich ein Weg, aus diesen Normen auszubrechen, und wie die Geschichte zeigt, hat er zur Befreiung einzelner Gruppen und Individuen beitragen. Tanz ist besonders wichtig für die LGBTQ+ Community, Frauen, BIPoC und er ist kulturelles Erbe. Er hat eine sehr vielschichtige und komplexe Funktion.

Was kann der Tanz in Krisenzeiten, wie z.B. in einer Pandemie, bewirken?

Tanz fördert die Selbstbestimmung von Einzelpersonen und Gruppen. In Pandemiezeiten ist der Tanz in den sozialen Medien präsent, dient sowohl als Bewältigungsmechanismus als auch als eine Möglichkeit, um Menschen über Bewegung zusammenzuführen. Ich denke, die Pandemie hat uns allen auf globaler Ebene vor Augen geführt, was es bedeutet, sich nicht bewegen zu dürfen. Ich hoffe, dass wir dadurch die Kämpfe bestimmter Gruppen verstehen und mehr Empathie entwickeln konnten.

Wie verändert sich die eigene Körperwahrnehmung in einem sozialen Kontext?

Menschen tanzen zu sehen, ist extrem ermutigend, es bewegt uns. Weil Tanz nonverbale Kommunikation ist, funktioniert er durch Spiegelung: wir verhalten uns wie andere und ahmen ihre Bewegung nach. So breitet sich die Bewegung aus und wächst. In Krisenzeiten hat Tanz eine gesellschaftspolitische Wirkung.

Welche Bedeutung hat der frei_raum für Dich?

Ausstellungen in einem Raum namens frei_raum zeigen zu können, hatte für mich immer schon eine große symbolische Bedeutung – gerade in Zeiten von Gentrifizierung, rechten Regierungen, teuren und verfehlten Architekturprojekten und der allgemeinen Tendenz, Kultur exklusiv statt offen für alle zu machen. Der frei_raum ist ein offener Raum, der Menschen mit Themen überrascht, die gesellschaftlich und politisch relevant sind. Und natürlich habe ich zu ihm eine emotionale Bindung. Das hat mir sehr geholfen meine Arbeit realisieren und präsentieren zu können.

Was sind die entscheidenden Faktoren in deiner kuratorischen Praxis bei der Auswahl der künstlerischen Positionen?

Beim Kuratieren geht es mir nicht darum den Kunstmarkt oder nationale Erwartungen zu erfüllen. Ich kuratiere, weil es Dinge gibt, die für alle Menschen auf der Welt relevant sind. Ich interessiere mich für globale gesellschaftliche Phänomene, die sich durch Menschen und für Menschen offenbaren. Es geht um Themen, die für die menschliche und gesellschaftspolitische Entwicklung wichtig sind. Ich bilde oft Teams, in denen Aktivist:innen, Künstler:innen und Wissenschaftler:innen zusammenarbeiten, wodurch der künstlerische Ausdruck nicht mehr nur ein Instrument von Künstler:innen ist, sondern auch etwas, über das andere Ideen kommuniziert werden und ein neues Publikum erreicht werden kann.

Wird sich der Tanz in Zukunft zunehmend in den virtuellen Raum verlagern?

Tanz ist Bewegung, wie eine Flüssigkeit oder Fluide. Er breitet sich aus und überlebt, egal was passiert. Tanz und das Ritual des Tanzens werden über alle Zeiten hinweg überleben. In der Pandemie hat sich Tanz stark in die digitale Welt verlagert. Das ist ein anderer Raum und eine andere Zeit, in der Tanz existieren kann, das ist faszinierend. Tanz ist auch eine Form des Kampfes, er entsteht nicht immer aus Freude. Ich glaube, das ist der Grund, warum er sich so sehr in die virtuelle Welt verlagert hat. Tanz kann leicht für alle möglichen Agenden manipuliert werden.

© Julius Pristauz

© Anu Czerwiński

Performances im Rahmen der Vienna Art Week 2022
Ort: frei_raum Q21 exhibition space, MuseumsQuartier Wien
Eintritt frei, es gelten die aktuellen Zutrittsregelungen

Julius Pristauz: THE PENETRATION OF MULTIPLE SPACES
Sa 19.11., 18 – 18.30h

Julius Pristauz präsentiert eine neue ortsspezifische Performance: unter dem Titel THE PENETRATION OF MULTIPLE SPACES treffen die beiden Performer:innen Julius Pristauz und Hannah Sussitz im Ausstellungsraum aufeinander und tanzen zu Musik, die für das Publikum unhörbar bleibt.
In Anlehnung an das Stück „Untitled“ (Go-Go Dancing Platform) von Felix Gonzalez-Torres (1991) werden in der Performance Spannungen zwischen privaten und öffentlichen Sphären verhandelt.
Das Interesse von Pristauz gilt der Art und Weise, wie wir uns durch verschiedene Räume bewegen, wie wir Versionen von uns selbst aufführen und wie verschiedene Kontexte und Umstände diese Aufführung verändern.

Ania Nowak: To the Aching Parts! (Manifesto)
Sa 19.11., 18.45 – 19h

Die ehemalige Q21 Artist-in-Residence Ania Nowak performt die Rede „To the Aching Parts! (Manifesto)“, in der Sprache seziert wird, die heute von und gegen queere Gemeinschaften verwendet wird.
Ohne Grammatik folgt der Text der Struktur (Beat) des Rhythmus und dem Vergnügen an ihm. Die Performance, die im Rahmen von „Manifestos for Queer Futures“ vom HAU Hebbel am Ufer (Berlin) in Auftrag gegeben wurde, greift auf historische Verweise kämpferischer Minderheiten zurück, um auf die Gefahren von Normativität und die Bedeutung von Embodied Intersectionality bei der heutigen Bildung queerer Allianzen hinzuweisen. Durch das freie Spiel mit der Sprache des Ressentiments und des Traumas sowie der Empathie und der Heilung wird in der Performance angeregt, Identitäten, Praktiken und wohlbekannte Akronyme wie LGB oder FtM zu destabilisieren, zugunsten einer queeren Zukunft, die wir uns noch nicht vorstellen können.

Ausstellungsansichten

© Sam Beklik

© Sam Beklik

© Sam Beklik

© Sam Beklik

© Sam Beklik

© Sam Beklik

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