Frankfurter Hauptschule
Bereich: Interventionen, Video Art, Performance Art
Key Facts
Nationalität
DeutschlandBereich
Interventionen, Video Art, Performance ArtWohnort
Frankfurt am MainEmpfehlende Institution
frei_raum Q21 exhibition spaceZeitraum
April 2021 - April 2021Die Frankfurter Hauptschule (FHS) ist ein Kollektiv, das Kunst- und Schmerzgrenzen im Stresstest des öffentlichen und medialen Raums erforscht. Mit ihren Interventionen loten die jungen Künstler*innen gesellschaftliche Belastbarkeiten und juristische Zuständigkeiten aus. Die Arbeiten der Gruppe reichen von Interventionen über Performances bis zu Videokunst.
Im Wagnerjahr 2013 verteilte die FHS 50.000 gefälschte Eintrittskarten fur die Premiere der Bayreuther Festspiele, um die posthume Redemokratisierung des Antisemiten Richard Wagner zu kritisieren; 2015 protestierte sie mit einer »Heroin-Performance« gegen die Vertreibung von Drogensüchtigen aus dem Frankfurter Bahnhofsviertel und legte in einem öffentlichen Sturm der Entrüstung die Funktionsweise der Stadtgesellschaft offen; 2016 löste das Kollektiv mit der Ankündigung, Liebesschlösser von Brücken abzuknacken und einzuschmelzen, eine kontroverse Diskussion in den sozialen Medien aus; im Februar 2018 empörte sich Frankfurts Polizeipräsident über die Gruppe, die einen ausgebrannten Streifenwagen ins Frankfurter Bahnhofsviertel gestellt hatte, um auf das rigide Vorgehen der Ordnungsbehörden hinzuweisen; im Frühjahr des gleichen Jahres fingierte die FHS eine Performance im MoMA PS1 und im Spätsommer 2018 einen Angriff der Identitären Bewegung auf die Wiesbaden Biennale. 2019 rückte die Gruppe mit Johann Wolfgang von Goethe die Gallionsfigur der deutschen Kultur ins Visier von #MeToo. Zuletzt inszenierte die FHS im Rahmen des Festivals „Schlingensief2020“ des Theater Oberhausens medienwirksam den Diebstahl von Beuys' „Capri Batterie“ und die Überfuhrung einer Replik in ein ethnologisches Museum der deutschen Ex-Kolonie Tansania. Im selben Jahr realisierte das Kollektiv das Lehrstück „Motor“ in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst Berlin; eine Antwort auf Brechts „Maßnahme“ und Müllers „Mauser“ sowie den international reüssierenden Rechtsruck, Verschwörungstheorien und Fake News.
Martin Kippenberger veröffentlichte 1986 das Buch „241 Bildtitel zum Ausleihen fur Künstler“.
Ausgehend von dieser Idee will die FHS eine eigene Sammlung von 482 Titeln fur künstlerische Arbeiten, die es nicht gibt, erfinden und als Text arrangieren und in eine Performance übersetzen: 2x241 TITEL DOPPELT SO GUT WIE MARTIN KIPPENBERGER – als Augenzwinkern in Richtung seiner künstlerischen Strategie, die extrem kompetitiv war.
In Anlehnung an Kippenbergers berühmtes Bild „Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz entdecken“, soll das Thema ihrer Sammlung eine ambivalente Anrufung der deutschen Vergangenheit sein. Die Titel sind dabei als kritische Reaktion auf die mitunter unbedarfte Allgegenwärtigkeit des Nationalsozialismus und faschistoider Ästhetiken in Medien, Künsten und der Popkultur der Gegenwart zu verstehen : Ständig wiederkehrende Titelseiten mit Hitlerabbildungen von Titanic bis SPIEGEL, Jonathan Meeses performative Hitler-Beschwörungen, die Ikonisierung von Bildern und Slogans des Reichstags- und Kapitolsturms in Memes. Hat sich der Nationalsozialismus in Clickbait verwandelt und bemächtigen sich neofaschistische Subkulturen ganz gezielt popkultureller Codes?