18.03.2004 bis 18.03.2004
Metaphern des Todes, Bilder der Lust. Zum Gewinn der Distanzierung
Abstract zum Vortrag von Thomas Macho:
Reden über den Tod und der Umgang mit den Toten
Bestattungsrituale im kulturhistorischen Vergleich
Der Tod ist ein widerspenstiges Thema. Theorien scheitern an einer Erkenntnisgrenze, die sich daraus ergibt, daß ein wissenschaftlicher Blick auf Sterben und Tod nur aus einer externen Perspektive möglich ist. Der Tod ist nur von außen bekannt, er gestattet keine hermeneutische Annäherung und keine teilnehmende Beobachtung. Auf diese Schwierigkeit antworten verschiedene methodische Strategien. So wird der Tod gelegentlich als anthropologische Konstante erklärt, dann wieder als historische Variable schlechthin. Worin besteht jedoch die Gemeinsamkeit aller Todesfälle? Sie ergibt sich schlicht daraus, daß ein Lebewesen nicht einfach verschwindet, wenn es stirbt, sondern materiell bleibt (als Leichnam); sie ergibt sich ferner daraus, daß dieses Bleibende nicht dauert, sondern eine Reihe von Veränderungsprozessen durchläuft, die passiv registriert und betrauert, aber auch aktiv gestaltet werden können. Diese Faktizität bildet keine anthropologische, sondern eine materielle Voraus
setzung. Ein Lebewesen kann sich von der einzig möglichen Erfahrung des Todes, die ihm zugänglich ist, abwenden, oder sie praktisch, beispielsweise durch technische Maßnahmen wie Mumifizierung oder Skelettierung, beeinflussen. Es kann die materiellen Veränderungsprozesse symbolisch inszenieren, etwa als Trauerzeit oder als Reise des Toten in eine andere Welt. Und es kann diese Techniken, symbolischen Praktiken, Rituale und induzierten Gefühle projizieren auf das unbekannte und ungreifbare Schicksal des Toten selbst.