Ramilya Galim (Saitova), eine 59-jährige politische Gefangene, Baschkort-Aktivistin und Unternehmerin aus Baschkortostan (einer Republik in Russland), wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Im Jahr 2023 durchsuchten Polizei und Geheimdienst ihre Wohnung und beschlagnahmten ihr Telefon, schriftliche Notizen und elektronische Geräte. Sie wurde wegen öffentlicher Anstiftung zu Handlungen „gegen die Staatssicherheit“ angeklagt, nachdem sie eine Anti-Kriegs-Videobotschaft veröffentlicht hatte. In dem Video wandte sich Ramilya an Männer, die in Baschkortostan für die russische Armee mobilisiert worden waren. Sie forderte sie auf, sich der Teilnahme am Krieg gegen die Ukraine zu verweigern, zu desertieren und „mutig zu sein und offen zu erklären, dass sie sich weigern zu töten“.
Zusätzlich zu der fünfjährigen Haftstrafe verbot das Gericht Ramilya für einen Zeitraum von vier Jahren die Verwaltung von Websites. Später wurde sie auf die Liste der Terrorist:innen der russischen Behörden gesetzt. Im Jahr 2024 wurden die Haftbedingungen für Ramilya verschärft. Diese Änderung erfolgte, nachdem zwei andere weibliche Häftlinge sie körperlich angegriffen hatten. Sie beschwerte sich sofort beim diensthabenden Beamten, doch letztendlich beschloss die Disziplinarkommission, dass sie gegen die Anordnung verstoßen hatte, und schickte sie für 15 Tage in eine Strafzelle. Nach Verlassen der Strafzelle wurde sie in eine Einheit mit strengeren Bedingungen verlegt. Sie erhielt ein Verbot, ihre Verwandten anzurufen. Die Gefangenen, die Ramilya angegriffen hatten, wurden nicht bestraft. Die Aktivist:innen, die den Fall Saitova beobachten, sagen, dass sie normale Beziehungen zu allen in der Einrichtung hatte, und sie betrachten den Vorfall als „eine Provokation, die von der Gefängnisverwaltung und möglicherweise vom Geheimdienst organisiert wurde”.
„Ich werde dafür bestraft, dass ich eine andere Meinung zu Fragen des Krieges und des Friedens habe und zu der Frage, ob die Zivilbevölkerung für militärische Aggressionen gegen ein anderes Land missbraucht werden darf. Ich bereue es keine Sekunde, mein Video veröffentlicht zu haben. Ich war mir der Risiken bewusst; viele Leute rieten mir, mich nicht zu äußern. Deshalb sehe ich mich nicht als Opfer dieser Situation, sondern eher als Kriegsgefangene. Hätte ich diese Erklärung nicht abgegeben, hätte ich mein Selbstbewusstsein verloren. Manchmal bedeutet Schweigen Mittäter:innenschaft. Ich hatte eine echte Chance, Einfluss auf die Situation zu nehmen.“
Kunstwerk eine:r:s anonymen Künstler:in aus Baschkortostan, aus dem Bashqort Üsärgän Clan
