FRAUKE HUBER & UWE H. MARTIN
LandRush. Ventures into Global Agriculture
23.02. – 07.05.2023
MQ Freiraum
Di bis So & Fei, 10–18h l Eintritt frei
So 23.04., 14h: Uwe H. Martin führt durch die Ausstellung
Mo 24.04., 11h: Führung mit Uwe H. Martin für Schulklassen, Anmeldung erforderlich unter: magdalena.winkelhofer@mqw.at
Diskussionsveranstaltung: Di 25.04., 19h, MQ Raum D, Anmeldung erbeten unter: veranstaltung@mqw.at
Anfragen für Führungen an magdalena.winkelhofer@mqw.at
Das Künstler:innenduo Frauke Huber (*1966) und Uwe H. Martin (*1973) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die sozialen und ökologischen Folgen der globalen Landwirtschaft zu dokumentieren. Und es ist ihnen damit ein herausragendes Zeugnis unserer Zeit gelungen. LandRush, an dem die beiden seit 2007 arbeiten, bringt Bilder und Protagonist:innen aus unterschiedlichen Ländern der Erde zusammen. In den vergangenen 16 Jahren arbeiteten sie mit Landwirt:innen, Fischer:innen, Wissenschaftler:innen, Indigenen sowie Aktivist:innen zusammen, um Themen wie Saatgut-, Wasser- und Landrechte, Umweltgerechtigkeit, Klimawandel und die Zukunft der Landwirtschaft zu untersuchen.
Landwirtschaft ist Treiber von Klimawandel, Artensterben, Bodenerosion und schwindenden Wasserressourcen. Sie beansprucht etwa 40 Prozent der weltweiten Landfläche und mehr als 70 Prozent des Süßwassers, lässt Flüsse austrocknen und senkt Grundwasserspiegel. Die zunehmende Wüstenbildung durch Übernutzung der Böden und steigende Temperaturen ist eine der größten Bedrohungen für das Leben auf der Erde. Düngemittel aus der industriellen Landwirtschaft schädigen die Ökosysteme von Flüssen und Küstengebieten, die Abholzung von Wäldern und die Umwandlung von Grünland in Ackerland führen zu Bodenerosion und zum Verlust der Artenvielfalt. Die Natur schrumpft weltweit in einem noch nie da gewesenen Ausmaß. Hauptursache sind die Landwirtschaft und veränderte Landnutzung; sie tragen zudem rund ein Viertel der Treibhausgase bei, die für die globale Klimakrise verantwortlich sind. Die Landwirtschaft ist die am stärksten verändernde Kraft, die die Menschheit kollektiv auf unseren Planeten ausübt. Dennoch ist den meisten Menschen nicht bewusst, wie fragil unser globales Ernährungssystem ist.
Die Weltbevölkerung wird bis Mitte des Jahrhunderts voraussichtlich auf fast zehn Milliarden Menschen anwachsen. In Verbindung mit einer veränderten Ernährung – von pflanzlichen Lebensmitteln hin zu mehr Fleisch und Fisch – bedeutet dies eine höhere Nachfrage nach Lebens- und Futtermitteln und die Gefahr, fruchtbare Böden noch schneller zu erschöpfen. Gleichzeitig werden aufgrund des Klimawandels immer mehr Ernten ausfallen.
Die Einblicke in die globale Landwirtschaft, die Frauke Huber und Uwe H. Martin mit ihrer Arbeit eröffnen, zielen nicht auf eine bestimmtes Narrativ ab. Vielmehr ist es den beiden Künstler:innen ein Anliegen, als Vermittler:innen, Übersetzer:innen und Dialogstifter:innen auf die gegenwärtigen Herausforderungen und Probleme dieses riesigen und für unsere Existenz elementaren Themenkreises aufmerksam zu machen.
Die Ausstellung gliedert sich in drei Kapitel:
LandRush (seit 2011)
In der Werkgruppe LandRush analysieren Frauke Huber und Uwe H. Martin die Auswirkungen groß angelegter Agrarinvestitionen auf die ländliche Wirtschaft und Landrechte, den Boom der erneuerbaren Brennstoffe, die Neuverteilung von Land und die Zukunft der Landwirtschaft weltweit. Sie dokumentieren unter anderem den neokolonialen Landraub in Äthiopien, industrielle Megakonzerne in Brasilien, dank Ethanolproduktion florierende Familienbetriebe in Iowa sowie die ökologische Landwirtschaft und Landnutzungspolitik in Ostdeutschland.
White Gold (2007–2020)
White Gold untersucht die sozialen und ökologischen Auswirkungen der weltweiten Baumwollproduktion. Baumwolle ist ein Rohstoff, der nicht nur für unsere Kleidung verwendet wird, sondern sich etwa auch in Banknoten, Tierfutter, Zahnpasta und Filmrollen findet. Allerdings kommen beim konventionellen Anbau von Baumwolle mehr Pestizide zum Einsatz als bei jeder anderen Kulturpflanze. Baumwollplantagen benötigen sehr viel Wasser und haben ganze Regionen wie etwa den Aralsee versteppt. Seit jeher wird Baumwolle unfairer gehandelt als die meisten anderen Produkte. Frauke Huber und Uwe H. Martin beleuchten Massensuizide von Baumwollbäuerinnen und -bauern in Indien, die in einem Teufelskreis der Verschuldung gefangen sind, die hochsubventionierte Baumwollindustrie in Texas und den Kampf von Bäuerinnen und Bauern in Burkina Faso, die mit individuellen Strategien versuchen, in diesem schwierigen Markt zu überleben.
Dry West (seit 2014)
Mit Dry West dokumentieren Frauke Huber und Uwe H. Martin die Wassernutzung und die vom Menschen geprägten Landschaften des amerikanischen Westens – wo Flüsse in Betonbetten durch Berglandschaften und Wüsten fließen. Dieses künstliche System, das Wüsten erblühen und Städte wachsen lässt, gerät zunehmend aus dem Gleichgewicht: Die Region benötigt mehr Wasser, als die Natur zur Verfügung stellt. Anstelle von Kupfer, Gold oder Öl fördert die Landwirtschaft hochsubventioniertes Wasser.
Kuratorin: Verena Kaspar-Eisert
Das Buch zum Projekt, über den das umfangreiche Filmarchiv auch digital zugänglich ist, ist am Infodesk für 28,- Euro erhältlich.
Über die Künstler:innen:
Frauke Huber (geboren 1966 in Tegernsee, Deutschland) und Uwe H. Martin (geboren 1973 in Meersburg, Deutschland) sind unabhängige visuelle Geschichtenerzähler:innen, Künstler:innen und Forscher:innen. In ihren Langzeituntersuchungen befassen sie sich mit den bedeutenden ökologischen Themen des Anthropozäns. Sie setzen künstlerische, journalistische und wissenschaftliche Strategien ein, um unterschiedliche Lebensrealitäten von Leben intellektuell und emotional greifbar zu machen. Frauke Huber und Uwe H. Martin halten regelmäßig Vorträge zu fragmentierten Narrativen und Slow Journalism, zu Wasserpolitik und Landwirtschaft und sind Teil des kollaborativen Kunst- und Forschungsprojektes World of Matter. Zudem fördern sie junge Künstler:innen und Journalist:innen und sind bestrebt Menschen dazu zu ermächtigen, ihren Handlungsspielraum zu erweitern und bleibende Veränderungen in Gesellschaft und Umwelt herbeizuführen. Uwe H. Martin lehrt außerdem an Universitäten und Journalismusschulen weltweit Fotografie, Film und Storytelling für ökosoziale Auswirkungen.
Das Duo lebt und arbeitet in Hamburg und in Bombay Beach am Salton Sea in Südkalifornien. Dort errichten sie einen Campus, einen Wüstengarten und ein Forschungslabor, das sich auf die ökosozialen Bedingungen in dieser kargen Region konzentriert.
Frauke Huber und Uwe H. Martin wurden für die Realisierung des Projekts LandRush unter anderem von folgenden Fördergeber:innen unterstützt:
Kulturwerk Bild Kunst
MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein
RiffReporter gGmbH / Dachstiftung in der GLS Treuhand e. V.
FFA German Federal Film Board